Wettbewerb LKH Hochsteiermark Psychiatrie Bruck an der Mur 3. Platz

Bruck an der Mur, 2021

DER PSYCHE RAUM GEBEN

Ziel der Planung und Gestaltung ist es, eine Architektur zu generieren, die psychisch beeinträchtigten Menschen therapeutischen Raum gibt. Raum, den sich die PatientInnen aneignen können und in dem sie den nötigen Schutz und die Geborgenheit, in Form eines unterstützenden Lebensraumes, zur Genesung finden.

 

STÄDTEBAULICHE IDEE

differenzierte Volumen in Höhe und Ausdehnung – in Form eines Kleeblattes

Der Neubau der Psychiatrie Bruck ist so positioniert, dass er im Dialog mit dem Bestand steht, präsentiert sich aber in seinem Ausdruck als eigenständiger Baukörper seiner Zeit. Wichtige städtebauliche Fluchten des Bestandes werden im Neubau weitergeführt, mit dem Ziel einer schlüssigen Quartiersbildung. Ein städtebauliches Ensemble entsteht.

Durch die Ausbildung als Kleeblatt gelingt es, die nötige Distanz zum Bestand, aber auch die funktional erforderliche Nähe immer dort zu schaffen, wo man sie aus städtebaulichen und funktionalen Gründen braucht.

Das Kleeblatt mit den drei Einheiten gewährleistet ein „gerechtes“ Umspülen des für die PatientInnen so wertvollen Grünraums zur Genesung.

Die Dreiblättrigkeit sorgt für eine Differenzierung des Großvolumens, gleichzeitig sind durch die funktionale Gliederung in drei Blätter, die einzelnen Stationen und die Allgemeinbereiche auch am Volumen leicht ablesbar. Eine Identifikation, die visuelle Zuordnung, sowie Orientierung, werden somit einfach. Unterstützung findet diese ablesbare Struktur in der ebenfalls differenzierten Fassadengestaltung. So weisen die Stationen und die allgemeinen Therapiebereiche unterschiedliche Fassadenoberflächen auf.

Die Außenanlagen gliedern sich, selbstverständlich immer mit Bezug zur Psychiatrie, in öffentliche (Park), halböffentliche (zugeordnete Gärten) und private Gärten (grüne Höfe und Dachterrassen).

 

GRÜNRAUM ALS THERAPEUT

Grünraum in und um das Gebäude

Dass der Anblick von Natur eine günstige Wirkung auf unseren Körper hat, ist das Ergebnis einiger Millionen Jahre an Evolution.

Deshalb ist bestimmendes und bedürfnisorientiertes Gestaltungselement die Natur bzw. der Grünraum, um insbesondere der Affinität psychisch beeinträchtigter Menschen zu Pflanzen und Bäumen gerecht zu werden. Durch die Präsenz der Natur im und um das Gebäude wird ein Entspannungsreflex ausgelöst und somit das Stressniveau gesenkt.

 

DER WEG ALS THERAPIE

Keine zweihüftige Gangerschließung, sondern Erschließung als atmosphärischer Lebens- und Genesungsraum mit begleitendem stimmungsvollem Grün

Jede der Stationen und Therapiebereiche, verfügen über ein grünes Herz in Form eines Hofes, um welches sich die stationären und therapeutischen Einheiten schmiegen.

Grüne Oasen, im Wechsel der Jahreszeiten sorgen dafür, dass alle Erschließungswege immer von stimmungsvollen Grünräumen begleitet werden. Der Wert der Natur ist für den Patienten somit immer gegenwertig.

Es wurde bewusst auf eine zweihüftige Gangerschließung verzichtet. Verlässt der Patient oder die Patientin das Zimmer, so erwartet Sie, kein Gang, sondern ein umschließendes Atrium mit Tageslicht und stimmungsvollen Grünraum. Um das grüne Atrium kann man auch schnell mal eine Runde drehen, ohne die Station verlassen zu müssen. Der Rundweg dient als erweiterter halbprivater Lebens- und Genesungsraum, mit zusätzlichen atmosphärischen, qualitätsvollen Aufenthaltsbereichen und Rückzugsnischen. Nutzungsüberlagerungen werden zur Selbstverständlichkeit.

Die Patientinnen haben die Möglichkeit die grünen Höfe selbstbestimmt zu betreten, um ein Gefühl von Stärke und Freiheit über das eigene Leben wiederaufzubauen. Gleichzeitig bietet dieser spezielle Grünraum auch heilsamen Schutz und Sicherheit.

Ein Angebot an unterschiedlichsten Terrassen bieten viele Möglichkeiten zu den therapeutischen Aktivitäten. Beispielsweise stehen Hochbeete zum Pflanzen, zur Beobachtung des Wachsens zum Ernten oder auch zum Kümmern, als buchstäblich begreifbarer Erfahrungsbereich, zur Verfügung.

Großzügige und ausgedehnte Parklandschaften mit sanften Geländebombierungen trennen und markieren unterschiedliche funktionale und atmosphärische Gartenterritorien.

 

FUNKTIONALE GIEDERUNG

einfache Orientierung und überschaubare Funktionseinheiten geben Sicherheit

Die Funktionsbereiche sind als geschlossene räumliche Einheiten gefasst und können alle getrennt voneinander, ohne andere Funktionsbereiche zu queren, erschlossen werden.

Die interne effiziente Erschließung ist ebenso einfach, wie einfach erklärt, ein zentraler Erschließungskern verteilt in die drei Blätter, die mittels Rundgänge so ausgeführt sind, dass sich der Kreis im Erschließungskern wieder schließt.

Ein „Indooreingang“ über das Hauptgebäude und ein zusätzlicher externer Eingang ins großzügige einfach zu überblickende Foyer bilden die zentralen Zugangssituationen. Den zentralen Infopoint erfasst die BesucherIn und die PatientIn sofort, falls weiter Hilfe gebraucht wird.

Die Rettungszufahrt erfolgt an der Nordseite. Durch die Ausbildung einer Gebäudenische findet der Rettungswagen, mit den PatientInnen nicht nur den erforderlichen Witterungs- sondern auch den nötigen Sichtschutz zur Aufnahme der AkutpatientInnen. Akutaufnahme und UbG sind direkt miteinander verbunden.

An der nördlichen Fassade besteht die Möglichkeit eines sehr privaten, sichtgeschützten Zuganges für Klientinnen zur Substitutionsambulanz.

Die Tagesklinik liegt bewusst im Erdgeschoss, damit sie unkompliziert erreichbar ist und damit sich die besten Synergien und Nutzungsmöglichkeiten der Parkanlage ergeben.

Die Station nach mit der Gruppe nach dem UbG und der offenen Gruppe, sind in zwei „Blätter“ differenziert, deren gemeinsame Mitte allgemeine und Versorgungsräume beinhaltet.

Im zweiten Obergeschoss und damit zentral für alle erreichbar sind Therapiezentrum, Administration, ÄrztInnen, SozialarbeiterInnen, Patientinnenanwaltschaft usw. untergebracht. Auch in diesem „öffentlichen“ Bereich können alle Einheiten separat erschlossen werden. Das Dach über dem öffentlichen Bereich ist als großzügiger Dachgarten angelegt. Hier findet auch die UbG im 3 Obergeschoss in einem uneinsichtigen privaten Teilbereich ihren Grünraum. Der UbG im Erdgeschoss steht als Freiraum ein uneinsichtiger Hof zur Verfügung.

Die Grundrisse zur Wohnbebauung sind so organisiert, dass sich zu dieser keine Aufenthaltsbereiche sowie Zimmer befinden. Eine vorgelagerte Erschließungsfläche mit perforierter Fassade dient noch zusätzlich als Filter.

 

SCHÜTZENDE HÜLLE

das architektonische Umfeld als zweiter Körper

Die schützende Hülle ist durchwachsen von Grünoasen. Ausblicke und Perspektiven begleiten jeden Raum und Weg und beeinflussen das Denken, Handeln und Fühlen positiv.

Biophile Gestaltung mit Maximierung der Tageslichtqualitäten durch natürliche Oberflächen ermöglichen dies zusätzlich. Der Stützpunkt, auch als Symbol der Sicherheit und Geborgenheit, bildet die Mitte der Station. Die „Gruppe“ als überschaubare und definierte Einheit bietet Raum, in den man sich zurückziehen kann, aber auch die Möglichkeit hat, Gemeinschaft aus sicherem Abstand zu beobachten, bis der Patient, oder die Patientin  wieder bereit sind daran teilzunehmen. Zwei gemeinschaftliche großzügige Flächen, beide angelagert an eine gemeinsame Terrasse bieten bedürfnisorientierte, unterschiedliche Aufenthalts- und Erfahrungsqualitäten. Außerdem ist das Ziel der Gestaltung ein Maximum an Wohnqualität zu schaffen, um für das temporäre Zuhause der PatientInnen nicht nur einen körperlichen, sondern auch einen psychischen Komfort zu bieten. Ziel ist es ebenso, durch die Qualitäten des Raumes, therapeutische Beziehungen zu erleichtern.

Die Gestaltung der äußeren Hülle bzw. der Fassade zielt auf die Gliederung in einfach erfassbare Volumen für die Patienten und Patientinnen ab. Das Therapiegebäude mit den allgemeinen Bereichen, differenziert sich in der Fassadengestaltung von den Stationsgebäuden, zum einen um die Funktion ablesbar zu machen und zum anderen um einen „weichen“ Übergang von den Oberflächenqualitäten des Bestandes zu den natürlichen Holzoberflächen der Stationsgebäude zu schaffen. Alle Fassadenrücksprünge im Therapietrakt die geschützte und überdachte Aufenthalts-, oder Zufahrtsbereiche beinhalten, sind auch im Therapiegebäude in Holz ausgeführt, um körpernahe Oberflächen eine angenehme Haptik zu geben, aber auch um die materielle Überleitung zu den Stationsgebäuden mit reinen Holzfassaden zu gewährleisten.

 

Generell liegt die Entwurfsintention darin, das Denken, Fühlen und Handeln der PatientInnen positiv über die Architektur zu beeinflussen, um ein bejahendes und qualitätsvolles Leben zu gestalten.