Los 1 - Denkmalschutz

Graz, 2020–

LKH- Univ. Klinikum Graz, Chirurgiekomplex, Bauetappe 4b

„Unsere Zeit ist die ganze uns bekannte historische Zeit.“
Josef Frank, Architektur als Symbol

Die um 1900 errichteten Gebäude des LKH Graz sind bereits geprägt durch eine über hundertjährige Geschichte. Es ist aufgrund des rasch zunehmenden Wissens in der Medizin und insbesondere in der Medizintechnik in den Innenräumen zu notwendigen Überformungen gekommen. Bemerkenswert ist die anpassungsfähige Struktur der Gebäude, die es ermöglicht auf neue Erkenntnisse und den medizintechnischen Fortschritt zu reagieren. Grund dafür ist die Struktur, die sich von Pavillons bzw. Blocksystemen über die historischen Grundrisse bis hin zur Fassadengestaltung des Jugendstils zieht und diese Flexibilität ermöglicht.

Struktur
So ist die architektonische Antwort auf die gestellte Aufgabe der Neugestaltung der Intensivüberwachung ebenfalls die Ausformulierung einer Struktur. Für die Planung des Intensivüberwachungszimmers wird ein Rhythmus entwickelt, der für alle Bereiche der Station anwendbar ist. Ein Raster zieht sich über die Wände. Die vertikal strukturierenden Spanten sind das Standbein und das Gerüst, horizontal erfährt der Raum eine Gliederung indem die Kämpfer bzw. die Oberlichthöhe der bestehenden Kastenfenster aufgenommen werden. Das führt zu einer angenehmen Zonierung der Raumhöhe. Auch für die Patient*innen ist eine Struktur des Tagesablaufes zur Genesung wichtig, hier können Analogien hergestellt werden. Das Spielbein stellen Einheiten dar, mit denen die Zwischenräume der Spanten besetzt werden, sei es mit Eigentumsschränken der Patient*innen oder mit Laden und Schränken für Utensilien des Krankenhausalltages. Die Struktur muss aber nicht immer „befüllt“ werden, dies ermöglicht funktionale Nischen und Ablageflächen für die tägliche Arbeit.

Atmosphäre
Neben der Struktur prägt Atmosphäre den Raum. Gernot Böhme (Philosoph) spricht davon, dass Atmosphären gestimmte Räume sind. Gestimmte Räume zu generieren und eine positive und zuversichtliche Gestimmtheit der Patient*innen und insbesondere der Mitarbeiter*innen zu erzeugen, ist Ziel der Gestaltung. Wissend, dass die Raumgestaltung einen positiven Einfluss auf die Genesung der Menschen, aber auch auf die Arbeit der Angestellten hat, werden Holzoberflächen, die den Stresspegel senken eingesetzt. Aus diesem Grund blicken die Patient*innen auf angenehme, warme und strukturierte Holzelemente. Überhaupt prägt Holz als dominierende Oberfläche den Raum. Ziel sind Naturholzoberflächen mit leistungsfähigen für den Krankenhausbetrieb tauglichen Beschichtungen. Ergänzt werden die Holzvertäfelungen durch Farbe. Sanfte an die Natur angelehnte Grüntöne an Vorhängen, Boden und auch Wandschürzen, besetzen den Raum mit harmonisierender und regenerierender Farbe. Ein gesättigtes, mattes rot kommt als Komplementärfarbe zum Einsatz, auch Goethe spricht dem Rot in seiner Farbenlehre bereits eine besondere Bedeutung zu. Auf der psychologischen Ebene wirkt dunkles Rot stimulierend, belebend, steigert das Selbstwertgefühl und schenkt Lebenskraft, alles Eigenschaften, die eine Genesung fördern. Farbige Kennzeichnungen finden sich über dem Bett und auf den Patient*innenschränken. Als Symbol in der Gestaltung kommt der Kreis zum Einsatz, er ist weich und positiv besetzt, als Symbol für Sonne und Mond und als organische Form in der Natur. Er drückt aber auch die Gebärde des Umarmens aus, als Lorbeerkranz an der Fassade des Krankenhauses oder an Geländern ist er bereits Teil des Bestandes. Ein großzügiges Sichtfenster wird in Kreisform gestaltet. Es gibt den Patient*innen Sicherheit, reduziert aber insbesondere durch seine Form das Gefühl des „Exponiertseins“. Auch über dem Bett in der Decke ist ein „Vital sky“ in runder Form angebracht. Insgesamt ist der Kreis wiederkehrendes Gestaltungselement im Raum. Im Rücken der Patient*innen befinden sich ebenfalls in Holz verkleidete funktionale Wandversorgungseinheiten, die ein variables System für die Medizintechnik und damit verbundene körperliche Überwachung bieten. Die Raumgestaltung lässt aber auch andere Systeme, wie Balken- und Ampelsysteme zu. Das Mittelelement der Wandpaneele beinhaltet einen ausziehbaren Sichtschutz, der in verschiedenen Situationen für das Bedürfnis nach Privatheit sorgt. Vorhänge tauchen den Raum in ein weiches Kleid, und sorgen gleichzeitig für eine behagliche Akustik, die wesentlich für eine rasche Genesung ist. Für eine angenehme Raumstimmung sorgt die Beleuchtung die in den „Raumschürzen“ nicht sichtbar untergebracht ist. Als Stimmungslicht ist auch die Pendelleuchte in der Raumnische zu verstehen. Insgesamt hat die Gestaltung zum Ziel, alle Aspekte einer heilenden Architektur, wie ausreichend Privatsphäre, gute Raumakustik, stimmige Farben, gute Raumluftqualität, differenzierte Haptik, stimmungserzeugende Beleuchtung und Authentizität zu erzeugen. Damit wird der Genesungsprozess positiv unterstützt und die Mitarbeiter*innen haben ein Arbeitsumfeld, in dem sie Patient*innen die menschlichen Zuwendung geben können, die noch vor der technischen Infrastruktur wohl das Wichtigste für einen positiven Blick in die Zukunft der Patient*innen ist.

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